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Fide-WM 2001 in Moskau Teil 3
es berichtet
Gastkorrespondent Hans Wiechert
Ja, nachdem nun nicht nur im
richtigen Leben, sondern auch auf der MiBase die Schneeflöckchen
vom Himmel auf uns darniederprasseln, konzentriert sich
der Berichterstatter doch lieber darauf, seinen Abschlußbericht
zur Frauen-WM zuhause in der gemütlichen Wohnstube zu
verfassen. Hier ist er:
Im heutigen Tie-Break des Damen-(oder moderner:Frauen-)Finales
zwischen Alexandra Kosteniuk und Chen Zhu mußte die
Entscheidung fallen, und ich kann es vorwegnehmen: Sie
fiel :-).
In der ersten Partie der beiden 20+10 (20 Minuten plus 10
Sekunden Zeitaufschlag pro Zug)-Tiebreaks flogen auch
gleich wieder die Fetzen, nachdem die mit Weiß spielende
Chen Zhu in einem Meraner-Verschnitt im 11.Zug mit
Springer b nach d2 anstatt auf c3 neuerte und damit
gleichzeitig einen Bauern ins Geschäft steckte. Im
Folgenden begann ein heftiger taktischer Schlagabtausch,
in dem sich beide Spielerinnen an "Blundern" (wie
der Brite zu sagen pflegt) überboten und der geneigte
Internetsurfer das Problem hatte, in dem Geschwulst von
einstehenden Figuren nicht den Überblick zu verlieren.
Nun, bald verzog sich der Rauch etwas, und die 25-Jährige
aus dem Reich der Mitte hattte eine Qualle mehr, die sie
dann für eine kraftvolle Mattattacke wieder hergab. Also
1-0, die Führung für die Chinesin.
Zweite Partie, neue Chance, neues Glück, und Alexandra
Kosteniuk gelang es zurückzuschlagen. Im Najdorf-Sizilianer
mit 6.f3, aber kurzer Rochade von Weiß brachte die
Russin im 14.Zug mit Sa4 eine starke Neuerung, die die
Chinesin dazu veranlaßte, ein paar Züge später auf c8
die Qualle für Spiel am Königsflügel zu spucken, und
tatsächlich erhielt sie auch ordentliches Spiel für das
geopferte Material. 22...Kf7? war dann allerdings ein
grober Fehler, da 23.c5 Linien für die weißen Figuren
öffnete und Schwarz arg in die Bredouille brachte. Nach
einem kurzen Aufbäumen der Chinesin mußte letztere dem
weißen Figurenaufmarsch am Königsflügel Tribut zollen
und die Segel streichen. Also 1-1, Ausgleich.
Es folgten die beiden 5+10-Blitzpartien, zunächst hatte
die Chinesin Weiß, wie bereits am Vortag kam es dabei zu
einem "Stonewall"-Holländer. Die 17-Jährige
Moskowiterin bekam diesmal überhaupt kein Bein auf den
Boden, verlor bereits früh einen Bauern und kurz darauf
eine Qualle, am Schluß ließ sie sich noch fürs
heimische Publikum in Nigel Short-Manier medienwirksam
mattsetzen. 2-1, ein verdienter Sieg für die Chinesin.
In der vierten Partie kam es wieder zu derselben Eöffnung
wie in der zweiten Schnellpartie, doch diesmal spielte
die Russin anstatt ihrer eigenen Neuerung (14. Sa4) den
bekannten Zug 14.Sd5, mißtraute sie etwa ihrer eigenen
Vorbereitung? Nun, wie dem auch sei, es kam anschließend
mal wieder zu einer äußerst spannungsgeladenen Partie,
in der sich beide nichts schenkten und bedingungslos auf
Sieg fighteten. Schwarz hatte auf die Rochade verzichtet
und stieß den h-Bauern bis nach h3 vor, um dem weißen König
zuzusetzen, die Russin hatte wie schon in der zweiten
Partie mit c5 einen Bauern geopfert und stieß alsbald
den d-Bauern nach d6 vor, um über das neuralgische Feld
d5 in die schwarze Stellung eindringen zu können. Doch
dazu kam es nicht mehr, denn die Chinesin entwickelte mit
dem Bauernopfer ...f4 nebst e4 und Se5 eine starke
Initiative, worauf Kosteniuk in "Zeitnot"
patzte (28,Dc2?) und sich von der schlitzäugigen, pardon
schlitzohrigen Chinesin am Königsflügel niedermachen
ließ. Mit einer frischen, ausgeruhten Dame auf g1 fiel
es der Chinesin nicht mehr allzu schwer, den ganzen Punkt
einzufahren.
Also 3-1 im Tie-Break, die neue Weltmeisterin heißt Chen
Zhu aus China !!!
Gez. Schachmeister Hans Wiechert
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